Manchmal ist weniger eben doch mehr
Die Steuerhinterziehung, geregelt in § 370 Abgabenordnung, sieht im Regelstrafrahmen Freiheitsstrafe bis 5 Jahren oder Geldstrafe vor.
Gemäß § 370 Abs. 3 Abgabenordnung erhöht sich bei besonders schweren Fällen der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahren.
Wann ein besonders schwerer Fall vorliegt, ist im Gesetz zum Teil beispielhaft aber nicht abschließend aufgezählt.
Ein in der Praxis häufig vorkommender Fall, ist die Hinterziehung in „großem Ausmaß“ (Regelbeispiel).
Mit Beschluss vom 15.12.2011 hatte der Bundesgerichtshof den Begriff des „großen Ausmaßes“ dahingehend konkretisiert, dass die Wertgrenze bei 100.000 Euro liegt, „wenn der Steuerpflichtige zwar eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) begeht, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt, er dabei aber lediglich steuerpflichtige Einkünfte oder Umsätze verschweigt … und allein dadurch eine Gefährdung des Steueranspruchs herbeiführt“ (BGH, Beschl. v. 15.12. 2011 -1 StR 579/11).
Wohingehend die Wertgrenze von 50.000 Euro gegeben war, wenn die Hinterziehung zu einer Erstattung geführt oder zu einer Verrechnung mit anderen Steuerverbindlichkeiten geführt hat.
Das gleiche gilt, wenn Steuerminderungsbeträge geltend gemacht wurden, die zu einer Minderfestsetzung geführt haben.
An dieser Unterteilung hält der BGH nun nicht mehr fest.
Es soll nunmehr von einer einheitlichen Wertgrenze in Höhe von 50.000 Euro ausgegangen werden.
Der Senat zieht einen direkten Vergleich mit dem Regelbeispiel des Betruges. Dieser sieht in dem Herbeiführen eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Variante 1 StGB die Wertgrenze bei 50.000 Euro.
Der BGH stellt zwar klar, dass der Betrug nicht unmittelbar vergleichbar mit der Steuerhinterziehung sei; wohl aber dann doch so ähnlich, dass es für die niedrigere (gemeinsame) Grenze der 50.000 Euro ausreicht.
Das Gesetz unterscheide in § 370 AO nicht zwischen der Gefährdung des Steueranspruchs und dem Eintritt des Vermögensschadens beim Staat. Diese Gleichsetzung findet ihre Rechtfertigung darin, dass die falsche Steuerfestsetzung nahezu immer zu einem Schaden führen wird, weil eine nicht festgesetzte Steuer auch nicht beigetrieben werden kann und darf. Vor diesem Hintergrund zwischen Gefährdungsschaden und eingetretenem Schaden zu differenzieren, sei deshalb nicht gerechtfertigt. Daher sei auch die Verdoppelung des Schwellenwerts bei dem sog. Gefährdungsschaden nicht zu begründen.
Eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 EUR, so der Senat, gewährleiste zudem mehr Rechtssicherheit.
Beachtenswert ist die Anmerkung des Senats, dass für den Tatrichter auch bei einer einheitlichen Wertgrenze von 50.000 Euro ausreichend Spielraum verbleiben würde, um in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Besonderheiten des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräften können.
Ein Regelbeispiel bleibt also ein Regelbeispiel, so dass auch bei der nun geringeren Grenze in Höhe von 50.000 Euro die Ausnahme der Regel vorliegen kann und es somit nicht automatisch zu dem erhöhten Strafrahmen kommen muss.
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