Ein kurzer Überblick.
Seitdem der BGH die Anwendbarkeit der §§ 299, 331 ff. StGB auf niedergelassene Ärzte verneint hat, hat der Gesetzgeber sich zur Einführung zweier neuer Straftatbestände entschieden:
Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB und Bestechung im Gesundheitswesen gemäß § 299b StGB.
Die Tatbestände sind der Struktur des § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) nachgebildet.
Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hatte am 29.03.2012 entschieden, dass Kassenärzte, die von einem Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen, sich nicht strafbar machen.
Durch die Bezugnahme auf nun alle „Angehörigen eines Heilberufes“ geht der Entwurf des § 299a StGB deutlich über die in der Entscheidung des BGH angesprochenen niedergelassenen Ärzte hinaus.
Mit der Neuregelung sollen strafrechtlich, insbesondere Prämienzahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte (sogenanntes Pharmamarketing), mit denen das Verschreibungsverhalten zugunsten eines bestimmten Präparats beeinflusst werden soll, erfasst werden.
Strafbar machen sich Angehörige solcher Heilberufe, wenn sie für sich oder einen Dritten einen Vorteil als Gegenleistung dafür fordern, sich versprechen lassen oder entgegen nehmen, dass sie bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugen (§ 299a Abs. 1 Nr. 1) oder in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichtenverletzen (§ 299a Abs. 1 Nr. 2). Spiegelbildlich machen sich all jene strafbar, die solchen Personen oder Dritten Vorteile als Gegenleistung für die erwähnten korruptiven Handlungen anbieten, versprechen oder gewähren.
Nach dem Willen des BMJV soll § 299a StGB ein Antragsdelikt sein. Die Strafverfolgung setzt daher einen Strafantrag oder das Bestehen eines besonderen öffentlichen Interesses voraus. Dies entspricht dem für die Parallelnorm § 299 StGB geltenden Verfahren.
Die bisherigen Sanktionsmöglichkeiten (Wettbewerbsrecht nach § 7 HWG, Berufsrecht gemäß §§ 30 ff. MBO-Ä und dem Sozialrecht gemäß § 128 SGB V sowie Verbandsrecht (Industriekodices)) sollen also auf das Strafrecht ausgeweitet werden.
Problematisch ist vor allem die Unbestimmtheit der (neuen) Normen. Grundsätzlich kann jede Kooperation und Leistungsbeziehung im Gesundheitswesen erfasst werden.
Die Abgrenzung zwischen einer zulässigen wirtschaftlichen Betätigung und einer strafbaren Unrechtsvereinbarung auf dem Gesundheitsmarkt ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
Die „Konkretisierungsarbeit“ muss wohl erst durch die Rechtsprechung erfolgen.
Dies könnte jedoch für so manchen Beschuldigten bedeuten: „Den Ersten beißen die Hunde“.
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