Ziel erreicht oder doch verfehlt? Die Europäische Datenschutzgrundverordnung ist grundsätzlich beschlossene Sache.
Nach mehrjährigem, mitunter recht zähem Ringen, haben sich Kommission, Parlament und Ministerrat der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Zuge der sogenannten Trilog-Verhandlungen schließlich am 17. Dezember 2015 auf eine einheitliche Fassung des Gesetzentwurfs verständigt.
Wenngleich das Bestreben, das europäische Recht in diesem Bereich zu harmonisieren, grundsätzlich sehr begrüßenswert ist, ist es am Ende fraglich, ob das Ergebnis auch tatsächlich ausgereift und gleichermaßen Verbraucher- wie Wirtschaftstauglich ist.
Der finale Entwurf muss nun noch formal durch das Parlament und den Rat beschlossen werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies in diesen Tagen geschieht. Anschließend wird der Beschluss voraussichtlich im März oder April 2016 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Dann beginnt eine zweijährige Evaluierungsphase, nach der die Verordnung in das gängige Recht der 28 Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. Dies dürfte demzufolge im April 2018 der Fall sein.
Welche Konsequenzen hat die Verordnung für das Dialogmarketing?
Zunächst die gute Nachricht: das berechtigte Interesse von Unternehmen, Dialogmarketingmaßnahmen durchführen zu können, hat in den Gesetzesentwurf Einzug gehalten. Grundsätzlich bleibt es in diesem Bereich auch beim Widerspruchsrecht für die betroffenen Personen, d.h. der seit 2009 im BDSG verankerte Einwilligungsvorbehalt entfällt. Insofern fällt die Verordnung hinter die Bestimmungen des BDSG zurück. In diesem Zusammenhang gibt es auch keine Transparenzvorschriften mehr und die Angabe der verantwortlichen Stelle wird zukünftig wieder entfallen können.
Es wurde lange Zeit darüber verhandelt, ob die für das Dialogmarketing so wichtigen Zielgruppenselektionen unter die speziellen Regeln für das Profiling fallen sollen. Diese Zuordnung konnte abgewendet werden, weshalb weder eine Einwilligung der Betroffenen vorliegen muss, noch die umfangreichen Informationspflichten, die beim Profiling vorgesehen sind, Anwendung finden werden. Die Zielgruppenselektion kann also weiterhin auf der Grundlage der Interessensabwägung (berechtigte Interessen des Werbetreibenden versus schutzwürdige Interessen des Betroffenen) erfolgen.
Dies bezieht sich allerdings nur auf das Listbroking bzw. die Auftragsdatenverarbeitung. Der Datenhandel (also die direkte Übertragung von Daten an das nutzende Unternehmen) dürfte allerdings (ohne vorliegende Einwilligung) stark erschwert werden, da die Zweckbindung (Grund für die erstmalige Erhebung von Daten) gestärkt wird und damit einhergehend auch die Aufklärungspflichten zum Zeitpunkt der Erhebung von personenbezogenen Daten erheblich verschärft werden. Die umfangreichen Transparenzvorschriften werden aber vermutlich allen Unternehmen, die personenbezogene Daten erheben und verarbeiten, zu schaffen machen.
Was ändert sich noch?
Daten von Jugendlichen unter 16 Jahren werden besonders geschützt. Datenschutzverstöße können schärfer als bisher sanktioniert werden (bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes bzw. 20 Mio. Euro). Passieren Datenpannen, können zukünftig unter Umständen auch die Auftragsdatenverarbeiter entsprechend sanktioniert werden.
In den Entwurf sind auch Öffnungsklauseln eingezogen, die nationale Regelungen in bestimmten Bereichen ermöglichen sollen. Im Wesentlichen betrifft dies die Regelungen, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten bestellen muss (hier dürften die geltenden Vorschriften des BDSG bestehen bleiben), den Arbeitnehmerdatenschutz und die Videoüberwachung. Neben diesen Punkten gibt es aber gegenüber dem bestehenden Datenschutzrecht weitere zahlreiche Änderungen, die eine intensive Beschäftigung mit diesem Thema nötig machen.
Auch wenn das Tauziehen um die Datenschutzgrundverordnung vorerst beendet scheint, dürfte es auch weiterhin spannend bleiben, da z.B. mit Verfassungsklagen zu rechnen ist.
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Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Braunbach
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