Sie haben ein Leben lang gearbeitet – doch im Alter erhalten Sie keinen Cent und sind auf die Grundsicherung vom Staat angewiesen.
Für viele Selbstständige könnte dieses Szenario Realität werden. Denn im Gegensatz zu den Arbeitern und Angestellten, die Altersbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, und Beamten, die vom Staat eine Pension beziehen, besteht für etwa 75 Prozent der rund 4,3 Millionen Selbstständigen in diesem Land keine Pflicht zur Altersvorsorge. Nur bestimmte Berufsgruppen, unter anderem Ärzte, Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte oder Steuerberater, sind gesetzlich verpflichtet, Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks zu werden und regelmäßig Beiträge für die Altersbezüge zu bezahlen, aber der große Rest der Freiberufler und Selbstständigen ist davon ausgenommen.
Nach einer aktuellen Studie des arbeitgebernahen Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sorgt die Hälfte der rund 2,3 Millionen sogenannten „Solo-Selbstständigen“, die keine Mitarbeiter beschäftigen, nicht für das Alter vor und sind damit langfristig von Altersarmut bedroht. Um das zu verhindern, gibt es in der Großen Koalition Überlegungen, auch für Selbstständige eine Pflicht zur Altersvorsorge einzuführen.
Die Union erwägt dabei, den Freiberuflern die Wahl zu lassen: Entweder sie zahlen in die gesetzliche Rentenkasse ein oder sie erbringen den Nachweis, dass sie ausreichend privat vorsorgen.
Umfassende Rentenreform
Auch die SPD hegt große Sympathien für eine Einbeziehung der Selbstständigen in das System der gesetzlichen Versicherung. Die für die Renten zuständige Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) hat für den Herbst ein Konzept für eine umfassende Rentenreform angekündigt.
Unterstützung für die Pläne der Koalition kommt auch von den Grünen. „Eine Einbeziehung der Selbstständigen in die Sozialversicherung, die allen gerecht wird und den Blick auf die Erwerbswirklichkeit richtet, ist längst überfällig“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Finanzexpertin der Grünen, Kerstin Andreae, gegenüber dieser Redaktion. „Selbstständige benötigen genauso wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Schutz der Gemeinschaft. “ Mit dem von den Grünen entwickelten Modell einer BürgerInnenversicherung, das sich am persönlichen Bedarf und nicht am Einkommen orientiere, würden alle einen Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen erhalten. Die Lücken in der Alterssicherung für Selbstständige seien zwar kurzfristig nicht akut, „aber auf lange Sicht nicht weniger dramatisch“, stellt Andreas fest. Vor allem sei das derzeitige System „ein reiner Flickenteppich“. Der Blick auf Einzelfälle offenbare, wie wenig nachvollziehbar die bestehenden Regelungen seien. „Warum beispielsweise die selbstständige Augenoptikerin automatisch gesetzlich rentenversichert ist, während es der Feinoptikerin freisteht, ob und wie sie für das Alter vorsorgt, ist nicht verständlich.“
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