Viele Selbständige, die Aufträge im Ausland ausführen, oder auch Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer ins Ausland schicken, sind sich der Konsequenzen nicht bewusst.
Denkbar ist nämlich, dass sie einem ausländischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht unterfallen. Soweit das EG-Ausland betroffen ist, gilt nämlich gemäß Art. 11 Abs. 3 a ) der EG-Verordnung 883/04. Dieser ordnet an, dass die Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, nur den Vorschriften dieses Mitgliedsstaats unterliegt. Eine Ausnahme ist gemäß Art. 12 der vorgenannten EG-Verordnung dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer, der gewöhnlich in einem Mitgliedsstaat für Rechnung eines Arbeitgebers tätig ist von diesem in einem anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und der Arbeitnehmer nicht eine andere Person ablöst. In diesem Fall kann der Betreffende in dem Sozialversicherungssystem seines Heimatstaates verbleiben. Wenn also ein deutscher Bauunternehmer seine Mitarbeiter für ein halbes Jahr auf eine Baustelle im EG-Ausland schickt, ist weiter die deutsche Sozialversicherung zuständig. Dasselbe gilt sinngemäß für einen selbständigen Bauunternehmer, der persönlich auf der Baustelle im EG-Ausland tätig wird.
Die genaue Vorgehensweise in solchen Fällen wird von der EG-Verordnung 987/2009 geregelt, die die Modalitäten der Durchführung der EG-Verordnung 883/2004 festlegt. Gemäß Art. 15 dieser EG-Verordnung muss der Arbeitgeber des zu entsendenden Arbeitnehmers bzw. der selbständige Unternehmer den zuständigen Träger seines Heimatlandes informieren. In Deutschland ist dies die gesetzliche Krankenkasse, bei der die Person versichert ist. Ist die Person nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, ist entweder der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig oder aber die Arbeitsgemeinschaft Berufständischer Versorgungseinrichtungen e.V., wenn der Betreffende Mitglied einer berufständischen Versorgungseinrichtung ist. Dort erhält er auf Antrag jeweils eine sog. A1-Bescheinigung, in der bestätigt wird, dass er während der Entsendung Mitglied der deutschen Sozialversicherung verbleibt. Im Fall der Kontrolle im Ausland wird der Entsendete folgerichtig nicht dem ausländischen Sozialversicherungssystem unterworfen.
Was ist aber der Fall, wenn die Entsendung so kurzfristig erfolgt, dass der Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung nicht rechtzeitig gestellt werden kann, z.B. wenn ein Arbeitnehmer im Ausland erkrankt und durch einen Kollegen, der bisher auf einer anderen Baustelle in Deutschland tätig war, ersetzt werden muss? Die entsprechenden EG-Verordnungen enthalten keinerlei Ausnahmevorschriften für solche Fälle. In Art. 15 der Verordnung Nr. 987/2009 heißt es hierzu lediglich, die zuständigen Sozialversicherungsträger des Heimatmitgliedstaates müssen im Voraus informiert werden, „wann immer dies möglich ist“. Wenn der Bauunternehmer heute entscheidet, einen weiteren Angestellten ab morgen auf die ausländische Baustelle zu schicken, weil vor Ort ein Mitarbeiter längerfristig erkrankt ist, ist es schlicht nicht möglich, die Sozialversicherungsträger vorab zu informieren.
Nach einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 14.03.2011 zur Handhabung der A1-Bescheinigung bei kurzfristiger Entsendung ist diese grundsätzlich bei jeder vorübergehenden Entsendung zu beantragen. Sie könne aber auch noch nachträglich erteilt werden. Bei kurzfristigen Geschäftsreisen und Entsendezeiträumen von bis zu einer Woche könne es zweckmäßig sein, eine A1-Bescheinigung nicht zu beantragen. Eine Mitführungspflicht bestehe nicht, allerdings müsste die Bescheinigung auf Verlangen der prüfenden Stelle nachgewiesen werden. In bestimmten Ländern der EG würden auch Sachleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung von der Vorlage einer solchen Bescheinigung abhängig gemacht. Es sei allerdings nicht auszuschließen, dass es den entsendeten Personen in manchen Mitgliedsländern verboten werde, das Betriebsgelände des Kunden zu betreten oder sofort Sozialversicherungsbeiträge erhoben würden. Soweit die Behörden ihr Ermessen überschreiten, könne eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit vorliegen, die der Europäischen Kommission gemeldet werden sollte.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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